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02.02.2022, von Tilman Albrecht

Musik in den Ohren der Einen ist Lärm in den Ohren der Anderen

„Musik oder Lärm?“ — das hängt von der Betrachtungsweise ab. Besucher einer Veranstaltung setzten sich einer musikalischen Darbietung freiwillig aus. Anwohner hingegen nehmen die Geräusche der Musik, Stimmen und Fahrzeuge unfreiwillig war. Ob Musik oder Lärm, je nach Dauer und Intensität kann die Gesundheit beeinträchtigt werden, weshalb Eventveranstalter den Schallschutz nicht vergessen dürfen.

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Schallschutz

Bei der Betrachtung von Lärm und Musik in Verbindung mit Veranstaltungen können drei verschiedene Gruppen unterschieden werden: Mitwirkende, Besucher und Unbeteiligte (z.B. Anwohner, Tiere). Für ein Schallereignis gibt es immer einen Emissions- bzw. einen Immissionsort, der für die Beurteilung des maximal zulässigen Pegels relevant ist. Rein praktisch gesehen ist Lärm alles, was als störend empfunden wird oder was gesundheitsschädigend wirkt. Dies reicht von Stimmen der Veranstaltungsbesucher über laute Musik bis hin zum Geräusch von Böllern während eines Feuerwerks. Beim Lärmschutz kann grundsätzlich zwischen aktivem Lärmschutz am Emissionsort (akustische Massnahmen, Ausrichtung und Wahl der Beschallungssysteme etc.) sowie passivem Lärmschutz am Immissionsort (bauakustische Massnahmen und Gehörschutz) unterschieden werden. Musik, welche von Besuchern und Künstlern in der Regel nicht als Lärm empfunden wird, kann aufgrund ihrer Lautstärke und Einwirkungsdauer ebenso gesundheitsschädigend sein. Bei Musikern, Technikern und beim Bar- und Securitypersonal ist, sofern es sich um Arbeitnehmer handelt, ist der Arbeitgeber im Rahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes Suva-Lärm und Vibrationen verpflichtet, Gehörschutzmittel zur Verfügung zu stellen und die Anwendung derer zu kontrollieren. Für Besucher gilt die Schall- und Laserschutzverordnung (SLV), welche Maximalpegel und Massnahmen beschreibt, die der Veranstalter erfüllen muss. Die SLV wurde nun in das neue Bundesgestz über den Schutz vor Gefährdungen durch nichtionisierende Strahlung und Schall (NISSG) integriert. Die Massnahmen werden in der Verordnung V-NISSG konkretisiert. Das Gesetz und die Verordnung traten am 01. Juni 2019 in Kraft. Dabei wurden die früheren Bestimmungen zum Schall weitgehend beibehalten und mit Massnahmen bei Veranstaltungen mit unverstärktem Schall ergänzt.                               
Neu muss bei Veranstaltungen mit unverstärktem Schall und mit einem durchschnittlichen Schallpegel grösser als 93 db(A) folgendes erfüllt werden:

  • das Publikum mit Plakaten auf die mögliche Schä­digung des Gehörs durch hohe Schallpegel hinwei­sen;
  • dem Publikum kostenlos Gehörschütze zur Verfü­gung stellen.

Diese Bestimmungen gelten für Konzerte, die in Ge­bäuden oder an stationären Standorten im Freien stattfinden.

 

Anstösser — Aussenlärm

Aussenlärm bezeichnet den Lärm, der ausserhalb einer Veranstaltungsstätte durch Menschen oder auch Tiere wahrgenommen werden kann. Dabei handelt es sich um eine Immission.

Für den maximal zulässigen Aussenlärm gibt es in der Lärmschutzverordnung (LSV) in Bezug auf Veranstaltungen keine Angaben. Die Vereinigung Kantonaler Lärmschutzfachleute (Cercle Bruit) empfiehlt den Behörden nach ihrer Vollzugshilfe 8.10 vom 25.10.2020 Ermittlung und Beurteilung des Lärms von öffentlichen Lokalen vorzuegehen. Für Alltagslärmsituationen wie sie durch den Betrieb von Gastronomiebetrieben und Veranstaltungen entstehen, gibt es keine allgemeingültige Beurteilungsmethode mit zahlenmässigen Grenzwerten in der LSV. Es ist daher eine Einzelfallbetrachtung notwendig. Die Vollzugsbehörde hat daher einen gewissen Ermessensspielraum.

In der Praxis wird von vielen Vollzugsbehörden die Vollzugshilfe nicht primär verwendet, da hierfür unter anderem aufwändige Messungen durchgeführt werden müssten. Vielmehr werden mittels subjektiver Beurteilung durch die Behördenvertreter, unter Einbezug der Aussagen von Anwohnern, Entscheidungen getroffen. Teilweise werden die Grenzwerte der Schall- und Laserschutzverordnung, die den „Innenlärm“ messen und für den Schutz des Publikums vorgesehen sind, verwendet, um einen Anhaltspunkt zu definieren. Unterschieden wird in Lokale mit einer Betriebsbewilligung vor und nach 1985, da diese unterschiedlich hohe Emissionen verursachen dürfen.

 

Veranstaltung — Innenlärm

In einer Veranstaltungsstätte entsteht Innenlärm, ganz gleich, ob es sich um ein Openair oder um eine Indoor-Veranstaltung handelt. Bei den dort auftretenden Schallquellen — elektronisch verstärkte oder unverstärkte Musik, Stimmen, Fahrzeuge etc. — handelt es sich, von Aussen betrachtet, um Emissionen. Einen sehr guten Überblick zum Innenlärm gibt die Seite Schall und Laser.

 

Allgemeine Informationen

Die V-NISSG regelt den Schutz des Publikums an Veranstaltungen, sie gilt für gewerbliche und private Veranstaltungen. Die SLV legt einen Schallpegel-Grenzwert von 100 Dezibel (dB) fest. Einzelne Spitzen dürfen dabei 125 dB(A) nicht überschreiten. Veranstaltungen mit einem Schallpegel zwischen 93 und 96 dB(A) müssen überwacht, bei Pegeln über 96 dB(A) muss der Schallpegel aufgezeichnet werden.

Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren dürfen den durchschnittlichen Schallpegel LAeq,1h von 93dB(A) nicht überschreiten.

Veranstaltungen mit einem Schallpegel zwischen 93 und 100 dB(A) müssen den Behörden mindestens 14 Tage vor der Veranstaltung gemeldet werden. Die kantonal zuständige Behörde findet sich leicht auf der Seite des BAG unter Kantonale Fach- und Meldestelleen. Dabei handelt es sich um eine Anmeldung, es wird keine Genehmigung erforderlich.

Die Veranstalter müssen dem Publikum gratis Gehörschütze abgeben und bei Schallpegeln von über 93 dB(A) auf die Gefahr von Gehörschäden hinweisen. Bei Veranstaltungen mit einem maximalen Stundenpegel von mehr als 96 dB(A) und mit einer Dauer von mehr als drei Stunden muss der Schallpegel aufgezeichnet und danach 6 Monate aufbewahrt werden. Bei Veranstaltungen mit einem maximalen Stundenpegel von mehr als 96 dB(A) und mit einer Dauer von mehr als drei Stunden muss dem Publikum eine Ausgleichszone zur Verfügung gestellt werden. In der Ausgleichszone, in der sich das Gehör der Besucher erholen soll, ist ein Stundenpegel von max. 85 dB(A) zulässig. Schweizweit werden Kontrollen in Bezug auf das Einhalten der Massnahmen gemäss SLV (z.B. Messverfahren, Gehörschütze für das Publikum, Ausgleichszonen, Information des Publikums in Bezug auf Gehörschädigung u.a.) durchgeführt.

 

 

Zum Autor:

Tilman Albrecht ist Meister für Veranstaltungstechnik und Veranstaltungssicherheit. Er war als freier Mitarbeiter für einen süddeutschen Rundfunksender für die Bereiche Aussenübertragung und technische Realisation von Events verantwortlich. Seit 2007 ist er in der Schweiz tätig, zunächst als Projektleiter für Coorperate Events und als Dozent im Bereich Veranstaltungstechnik, ab 2015 selbstständig im Bereich Veranstaltungssicherheit mit seiner Firma eventuality. Er publiziert regelmässig im PROSCENIUM, war Fachautor des Eventsafety-Kompendiums Eventfragen und ist Autor des Buchs «Veranstaltungsrecht in D-A-CH».

 
www.eventuality.ch