GRI Event Organizers Sector Disclosures – Nachhaltigkeit messen | Standards Teil 2
Wozu Nachhaltigkeit eines Events messen? Um zu wissen, ob man auf dem richtigen Kurs ist. Dafür gibt es die GRI-Standards und für Veranstalter sogar einen expliziten Standard, den Event Organizers Sector Disclosures.
Die Global Reporting Initiative (GRI) ist das international am weitesten verbreitete Netzwerk für das Nachhaltigkeitsberichterstattung. 73% der grössten Firmen der Welt (G250) nutzen die GRI-Standards für das Nachhaltigkeitsreporting (KPMG Survey of Sustainability Reporting 2020). Ob ABB, Credit Suisse, Novartis, Nestlé oder UBS – alle beziehen sich auf GRI, um über ihre Nachhaltigkeitsleistung zu berichten. Selbst für die ETH Zürich ist das Rahmenwerk von GRI wesentlich für ihr Nachhaltigkeitsreporting. Was oft vergessen geht, ist die Tatsache, dass es seit 2012 ein spezifisches Rahmenwerk von GRI für Eventorganisatoren gibt. Und noch erstaunlicher: Die Schweiz hat massgeblich dazu beigetragen, dass dieses Rahmenwerk entstand.
Wie sind die Richtlinien für Eventorganisatoren entstanden?
2008 hat die Schweiz zusammen mit Österreich die Fussball-Europameisterschaft ausgetragen. Das Thema Nachhaltigkeit stand hoch auf der Agenda. Doch wie misst man Nachhaltigkeit spezifisch bei Sportgrossveranstaltungen? Verschiedene Daten wurden erfasst, aber wirklich zufriedenstellend war es nicht. Wie stand es mit der Vergleichbarkeit der Daten? Nicht einmal die Austragungsländer waren sich bei der Datenerfassung einig, obwohl es nur deren zwei waren.
Aus diesem Manko heraus entstand die Motivation, ein gemeinsames Nachhaltigkeitsrahmenwerk für Eventorganisatoren (EO) zu entwickeln, und eine Zusammenarbeit mit GRI war naheliegend. In mehreren Treffen zwischen 2010 und 2012 hat ein Expertenteam ein umfängliches Dokument geschaffen, welches zum einen die bestehenden Richtlinien von GRI genau analysierte, bspw. welche Themen für EO werden bereits in den allgemeinen Guidelines abgedeckt, und zum anderen zusätzliche Themen für EO enthielt. Das (ursprüngliche) Rahmenwerk – das Event Organizers Sector Supplement, EOSS - wurde just vor den Olympischen Spielen in London präsentiert. Der ISO-Standard 20121 für nachhaltiges Eventmanagement und die neuen EOSS-Richtlinien von GRI gingen Hand in Hand - nicht überraschend, da einige Experten in beiden Arbeitsgruppen mitwirkten. Während die ISO-Gruppe sich eher auf die Abläufe konzentrierte (Management-Ansatz), fokussierte sich die GRI-Gruppe ganz klar auf die Indikatoren und Nachhaltigkeitsberichterstattung. Bis heute habe ich keinen Widerspruch zwischen den beiden Rahmenwerken finden können, obwohl Nachhaltigkeitspessimisten diese wohl gerne sähen.
Als 2014 die neuen GRI-G4-Richtlinien vorgestellt wurden, wurde im gleichen Zuge auch die Richtlinien für Eventorganisatoren angepasst und zu Event Organizers Sector Disclosures umbenannt. In der neuen Version sind nur die eventspezifischen Richtlinien enthalten und ins neue GRI-Rahmenwerk umgewandelt. Unglücklicherweise wurde für diese Transformation des Rahmenwerks die ursprüngliche Arbeitsgruppe nicht konsultiert, was zu einigen Missverständnissen und auch Unmut führte.
Was leisten die Richtlinien von GRI?
In erster Linie orientieren sich die GRI-Richtlinien an den bestehenden Standards, die für alle Organisationen geeignet sind. Themen wie wirtschaftliche Leistung, Arbeitssicherheit, Menschenrechte, Wasser- und Energieverbrauch und Abfallbewirtschaftung sind nicht nur für Eventveranstalter wichtig, sie betreffen alle Organisationen, wenn auch nicht in demselben Masse. Falls nötig wurden die bestehenden Themen mit spezifischen Kommentaren und Instruktionen ergänzt (+).
Das Rahmenwerk von GRI wurde dann in einem letzten Schritt mit Themen und Indikatoren ergänzt, welche im bestehenden Rahmen keinen Platz fanden. Insgesamt wurden fünf Themen (++) und 13 Indikatoren hinzugefügt. Das fünfte Thema Sourcing (Beschaffungsstrategien) wurde bei der Revision der GRI-G4-Richtlinien zum neuen Thema Procurement (Beschaffung) hinzugefügt.
Bild 1: GRI Event Organizers Sector Disclosures, 2014, S. 10
Für wen sind die GRI-Richtlinien sinnvoll?
Da vor allem die grossen internationalen Firmen ein transparentes Nachhaltigkeitsreporting machen (müssen), sind die GRI-Richtlinien bald in den Verruf geraten, dass es «eine grosse Kiste» sei und eigentlich sich nur für Grossveranstaltungen wie eine Fussball-WM oder die Olympischen Spiele eignen würden. In Tat und Wahrheit ist der Nutzen der Richtlinien auch für kleinere Eventorganisatoren sehr gross – vergleichbar mit einem Kontenrahmen für das Finanzreporting. Auch hier orientiert man sich besser an einem bestehenden Rahmenwerk, anstatt ein Rahmenwerk selbst zu entwickeln. Die SOLA-Stafette, vom ASZV organisiert, ist hier ein Vorzeigebeispiel, welches konsequent die Standards von GRI genutzt hat zur Strategieentwicklung und zum Nachhaltigkeitsreporting. Auch der Kerzerslauf ist ein Pionierevent, der aufgezeigt hat, dass die Standards sinnvoll umgesetzt werden können und der ISO-Standard 20121 und die GRI-Richtlinien gut zusammenwirken.
Welche Standards sind GRI noch zu erwarten?
GRI hat in den letzten Jahren die ganzen Richtlinien neu strukturiert. 2016 wurden die sogenannten GRI-Standards präsentiert, welche die G4-Richtlinien ablösten. Die bestehenden Richtlinien zu den Sektoren werden ebenfalls schrittweise angepasst. Es ist verständlich, dass die Richtlinien, welche «kritische» Geschäftsbereiche wie die Öl- oder Kohleförderung betreffen, Priorität hatten und als erste umgesetzt wurden. Die Umsetzung der Richtlinien für Eventorganisatoren wird wohl hinten anstehen müssen.
Basierend auf den ersten Erfahrungen, wie die «Sector Standards» entwickelt wurden, können wir aber bereits einen ersten Versuch machen, wie diese in Zukunft für Eventorganisatoren ausschauen könnten. GRI wird eine spezifische Liste von Themen pro Sektor vorschlagen. Für Eventorganisatoren könnte die Liste wie folgt aussehen:
Bild 2: Liste mit wesentlichen Themen für Eventorganisatoren
Es gibt drei Arten von Themen:
- Themen, welche für verschiedene Organisationen insbesondere für Eventorganisatoren wichtig sind, aber keine spezifischen Anforderungen für Eventorganisatoren haben.
- Themen, welche für verschiedene Organisationen wichtig sind, aber spezifische Anforderungen an Eventorganisatoren haben.
- Themen, die spezifisch für Eventorganisatoren sind.
Zu diesen spezifischen Themen werden sicherlich Mobilität, Verpflegung, Inklusion und auch das kulturelle Erbe (Legacy) kommen. Ob bald weitere Themen wie Doping oder Financial Fairplay dazugehören werden? Die Zukunft wird es zeigen. Wieso diese Themen nicht jetzt schon in die Nachhaltigkeitsstrategie aufnehmen, wenn sie für die Organisation wichtig sind? Gründe dagegen gibt es jedenfalls nichts.
Nützliche Links:
GRI Event Organiser’s Sector Disclosures: http://sustainable-event-alliance.org/wp-content/uploads/2019/08/GRI-G4-Event-Organizers-Sector-Disclosures.pdf
LinkedIn-Gruppe GRI: https://www.linkedin.com/company/global-reporting-initiative-gri/
Bildernachweis:
Titelbild & Bild 1: GRI | Bild 2: SchweryCade