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02.09.2020, von Graziella Widmer / Vy Chi Vuong

Aus dem Webinar «Zero-Waste-Events - Illusion oder Vision?»

Ist Zero-Waste möglich an Events? Wie kann ein nachhaltiges Abfallmanagement an Events funktionieren? Im Webinar «Zero-Waste-Events – Illusion oder Vision?» geht es genau um diese und andere Fragen.

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Zero-Waste ist in aller Munde. Angesichts der Zerstörung der Flora und Fauna in den Weltmeeren oder auch in den heimischen Seen und Wäldern ist das Thema Abfall ins Blickfeld gerutscht. Zero-Waste kann als Lifestyle oder Trend gesehen werden, oder aber auch als Vision, die tatsächlich zur Minderung des Abfalls und somit auch der Umweltverschmutzungen beiträgt. Da an Events unvermeidlich zu grösseren Ansammlung von Abfall kommt, sind Veranstalter in der Pflicht, dieses Thema genau unter die Lupe zu nehmen und für ein nachhaltiges Abfallmanagement zu sorgen. Im Webinar vom 20. August 2020 haben Teilnehmende mit vielfältigstem Hintergrund, darunter Eventorganisatoren, Privatpersonen, Berater/-innen sowie Vertreter/-innen von Organisationen und Unternehmen, diskutiert, wie nachhaltiges Abfallmanagement auf Events funktionieren kann und wie sich dieses in Zeiten von Corona verändert hat.

Was bedeutet Zero-Waste und wie kann man dies erreichen?

«Mit der Inspiration fängt alles an.», so Natalie Bino von ZeroWaste Switzerland. Auch bei ihr sei das so gewesen, nachdem sie einen Beitrag über das Abfallaufkommen in der Schweiz und anderen Ländern gesehen hat. Mit der 5R-Strategie (Refuse, Reduce, Reuse, Recycle, Recover) sei das gar nicht so schwierig. «Der wichtigste Schritt», bemerkt sie weiter, «ist der erste Schritt in der Abfallhierarchie, Refuse. Vieles lässt sich vermeiden, und was sich im alltäglichen Leben vermeiden lässt, kann auch an Events vermieden werden.»

Per definitionem bedeutet Zero-Waste, keinen Abfall zu produzieren. Es ist allerdings fast unmöglich, dass kein Abfall anfällt, zumindest, wenn Essen eine Rolle spielt (Rüstabfälle oder Grüngut wie das Kerngehäuse eines Apfels). Für Events speziell gibt es (noch) keine Definition, aber als Faustregel kann Folgendes genommen werden:

1. Halb so viel Abfall produzieren wie vergleichbare Events mit einer Rezyklierungsrate von über 70%

oder 

2. einen Viertel so viel Abfall produzieren wie vergleichbare Events mit einer Rezyklierungsrate von über 50%.

Eine Pandemie bringt vieles durcheinander

Zu einem nachhaltigen Abfallmanagement gehört unter anderem das Verwenden von Mehrweggebinden, die in Zeiten von Corona allerdings in den Hintergrund geraten sind. In den Schutzkonzepten wird gefordert, dass das Ansteckungsrisiko so klein wie möglich gehalten wird, deshalb werden vorsichtshalber wieder Einweggebinde eingesetzt. Am Buffet wird statt das Selber-Schöpfen alles portioniert abgegeben. Dies führt unweigerlich in die entgegengesetzte Richtung von Zero-Waste.

Nicht nur beim Mehrweggebinde entstehen Konflikte, auch bei der Abfalltrennung sind viele Veranstalter verwirrt. «Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfiehlt sogar», so Rolf Schwery von Schwery Cade, «auf das Abfalltrennen zu verzichten, was ein ziemlicher Rückschritt in puncto Nachhaltigkeit bedeutet.»

Visibilität ist für viele Sponsoren auf einer Veranstaltung wichtig. Wenn nun die Gadgets oder Give-aways aus Hygienegründen wegfallen, wie viele andere Möglichkeiten bleiben noch, sich zu präsentieren?

Viele abgesagte Veranstaltungen haben bereits gedruckte Helfer- und Läufershirts sowie Becher und andere Gadgets produzieren lassen, die sie nicht mehr verwenden können. Wie können in Zukunft solche Leerkäufe vermieden werden? Um flexibler zu sein, werden Bestellungen möglicherweise mit kürzeren Abständen zum Veranstaltungstag in Auftrag gegeben, was eine Veränderung in der Transportweise geben würde. Aufgrund der Kurzfristigkeit werden Produkte wahrscheinlich eher mit dem Flugzeug versendet statt mit dem Schiff, was sich negativ auf die CO2-Bilanz auswirkt.

Eine Pandemie bringt aber auch Chancen

Nach dem Motto «die umweltfreundlichste Veranstaltung ist die, die nicht stattfindet» ist die Absage eines Events wohl ein Segen für die Umwelt. Aufgrund der Verordnungen vom Bundesrat und auch um die Schutzkonzepte einhalten zu können, werden, solange die Corona-Pandemie andauert, wahrscheinlich eher kleinere Events stattfinden. Kleinere Events haben den Vorteil, dass sie erfahrungsgemäss weniger Abfall produzieren und das Abfallmanagement überschaubarer ist.

Die Distanzregel ist vorteilhaft gegen Littering (herumliegender Abfall). Bei grossen Ansammlungen ist der Zugang zu den Abfalltrennsystemen oftmals erschwert, welcher durch die Distanzregel von 1.5 Metern erheblich vereinfacht wird.

Das Verteilen von Give-aways generiert unnötig Abfall, solange die Give-aways zum einmaligen Gebrauch bestimmt sind. Fällt dies aufgrund des Schutzkonzeptes weg, würde es auch den Abfall minimieren. Abfall hin oder her - dies kann keine befriedigende Lösung sein für diejenigen, die die Veranstaltung sponsern.

Denkbar ist auch, dass sich ganz neue Abläufe in der Beschaffung einstellen. Durch die Umstellung auf eine lokale oder regionale Beschaffung kann das Risiko einer Abhängigkeit vom Ausland (bei möglichen Grenzschliessungen) verringert und die Wertschöpfungskette besser kontrolliert werden.

Auch kann die derzeitige Situation als Weckruf gesehen werden. Viele Veranstalter waren sich des Risikos einer Pandemie nicht bewusst, die Mehrheit der Veranstalter hatte eine Pandemie nicht einmal in ihre Gefahrenanalyse mit einbezogen (gemäss einer Umfrage von SchweryCade). In Zukunft kann erwartet werden, dass diesbezüglich verbesserte und koordinierte Abläufe im Falle einer weiteren Pandemie stattfinden.

Wie weiter?

Wie erwähnt ist die Abfalltrennung in Zeiten von Corona herausfordernd und eine (Rück-)Umstellung von Mehrweg auf Einweg üblich. Eine kreative Lösung, um dem Einsatz von Einwegbechern entgegenzuwirken, wäre ein Aufruf an die Gäste, die eigene Flasche an die Veranstaltung mitzubringen und «Refill»-Stationen einzusetzen. Gemäss Natalie Bino wird dies am Paléo Festival in Nyon seit Jahren umgesetzt und damit positive Erfahrungen gemacht.

Auch während einer Pandemie sollte das Trennen von Abfall möglich sein. Rolf Schwery empfiehlt, dabei etwas weniger perfekt zu sein und zum Beispiel PET-Flaschen, die noch Flüssigkeiten enthalten, nicht ganz zu entleeren, um den Kontakt mit möglicherweise kontaminierten Flaschen zu minimieren.

Eine Möglichkeit, um Verpackung von Give-aways zu reduzieren, wäre der Einsatz von Laser- oder Stanztechniken (Laserprint) auf Früchten und Gemüse. Beispielsweise setzt gazenergie Äpfel als Give-aways ein, in welche das Firmenlogo gestanzt ist, und schlägt dadurch drei Fliegen mit einer Klappe. Erstens handelt sich bei dem Apfel um ein regionales Produkt, zweitens fällt kein Verpackungsmaterial an und drittens kommen Sponsoren so zu ihrer Sichtbarkeit.

 

 

Leerkäufe können vermieden werden, indem die Gadgets ohne Datum gebrandet werden. Im Falle, dass die Veranstaltung abgesagt werden muss, können die bereits produzierten Ware an der nächsten Austragung verwendet werden.

Ein ernstes und viel diskutiertes Thema ist das Thema Foodwaste. Gemäss dem Bundesamt für Umwelt landen fast 30% der Lebensmittel entlang der Wertschöpfungskette im Müll. Dem gegenzusteuern, empfiehlt es sich, halbe Portionen anzubieten und übrig gebliebenes Essen ans freiwillige Helferteam (in eigenen mitgebrachten Behältern) abzugeben. Eine Kooperation mit Organisationen, welche sich gegen Foodwaste einsetzen, ist ebenso denkbar.*

Fazit

Es wurde deutlich, dass die Pandemie nicht nur Negatives, sondern auch Vorteile mit sich bringen kann. Sie zwingt die Veranstalter, sich Gedanken über Hygiene- und Schutzmassnahmen zu machen, welche sich nun in zukünftigen Konzepten - auch wenn die Pandemie bereits wieder gedanklich in den Hintergrund gerückt ist - finden lassen. Denn nach der Pandemie ist vor der Pandemie, als Risiko wird sie bestehen bleiben.

Nicht nur die Corona-Pandemie stellt uns alle vor neue Herausforderungen, aus denen wir lernen können. Obwohl Zero-Waste an Events in Zeiten der Pandemie eher als Illusion statt Vision wahrgenommen wird, kann der Diskurs und die Sensibilisierung während der Krise umso mehr zum Aufschwung von Nachhaltigkeitsthemen an Events beitragen. Vielleicht sogar so, dass Zero-Waste mehr als nur eine Vision ist. In diesem Sinne: Auf zu einer nachhaltigen Entwicklung in der Eventbranche mit einem Virus als Lehrmeister!

 

*Organisationen wie foodwaste.chAess-barTischleindeckdich

Das Aufzeichnung des Webinars findest Du hier.


Quellen:

Bild 1: Robin Benzrihem | Bild 2: CNG-Mobilität